ELEKTROCHEMISCHE DEFINITION
Elektroden
Elektroden 1. Art
Hierbei handelt es sich um die in den vorhergehenden Abschnitten behandelten, „typischen“ Metallelektroden, aus denen das Metall in Form gelöster Ionen austritt und entsprechend der Oxidationszahl z der Metallionen gemäß Me → Mez+ + z e- Elektronen in der Elektrode zurück bleiben. Das Gleichgewichtspotenzial läßt sich durch die Nernst-Gleichung bestimmen. Das Metall liegt demnach in zwei Phasen vor: Metallisch in der Elektrode und gelöst im Elektrolyten.
Elektroden 2. Art
Bei Elektroden 2. Art gehen die herausgelösten Ionen nicht (oder nur in geringem Maß) in Lösung, sondern bilden mit (meist) Anionen aus dem Elektrolyten eine schwer lösliche Verbindung, die nahezu vollständig ausfällt. Das Metall der Elektrode 2. Art liegt demnach in drei verschiedenen Phasen vor: Metallisch, ionisiert in Lösung und als Salz ausgefällt. Das Gleichgewichtspotenzial lässt sich auch hier aus der Nernst-Gleichung berechnen, wobei die Konzentration der freien Ionen aus dem Löslichkeitsprodukt der ausfallenden Verbindung im Elektrolyten bestimmt werden muss. Ein Beispiel für eine Elektrode 2. Art ist eine Silberelektrode in einer Kaliumchlorid-Lösung, wobei schwer lösliches AgCl entsteht. Das Silber liegt im Gleichgewicht metallisch (als Elektrode), ausgefälltes AgCl und in geringem Maße im Elektrolyten gelöst (freie Ag+-Ionen) vor.
Elektroden 3. Art
Wenn mehr als nur ein Stoff des Elektrolyten mit der Elektrode reagiert, liegen mehrere Redoxsysteme parallel vor, die – wenn sich beide Systeme die gleichen Anionen teilen – über deren Löslichkeitsprodukte miteinander gekoppelt sind. Ein Beispiel für Elektroden 3. Art ist eine in AgS und PbS getauchte Silber-Elektrode.
Redoxelektroden
Redoxelektroden gehen nicht in Lösung, sondern nehmen nur als Elektronendonator bzw. akzeptor und ggfalls. als Katalysator an den elektrochemischen Redoxreaktionen teil. Die bei der Elektrolyse von verdünnter Salzsäure u H2 und Cl2 eingesetzten Platin-Elektroden sind solche Redoxelektroden. Redoxelektroden kommen auch als Mess-Sonden z. B. zur pH-Wert Messung zum Einsatz, wo sich die Elektrode nicht auflösen darf, um einerseits das zu messende Medium nicht zu kontaminieren, und andererseits für stabile Messungen keine Oberflächen- und Formänderung erleiden darf.
Gaselektrode
Eine Gaselektrode ist zunächst eine Metallelektrode, die jedoch von einem bestimmten Gas umspült wird welches idealerweise als durchgehende Monolage auf der Metalloberfläche adsorbiert. Ein Beispiel für eine Gaselektrode ist die Standard-Wasserstoffelektrode als Referenzelektrode zur Bestimmung des Standardpotenzials eines Stoffes. Hierbei handelt es sich um eine von Wasserstoff umspülte Platin-Elektrode, auf deren katalytisch wirksamer Oberfläche H2 zu Wasserstoff-Atomen gespalten werden, welche sich auf dem Platin anlagern.
Neutrale, ionisierte und gelöste Stoffe
Elektrochemisches Äquivalent
Die theoretisch maximale Menge eines Stoffs (in Gramm), die an der Elektrode je Amperestunde abgeschieden wird, definiert durch die Formel AE = M/(z F), wobei M die molare Masse, F die Faraday-Konstante und z die Oxidationszahl des Stoffs ist. Typische Werte bei Metallen liegen zwischen 0,3 g/Ah für das leichte Al mit Oxidationszahl +3, und 7,3 für das schwere Gold mit Oxidationszahl +1.
(Elektrolytische) Dissoziation
Der Zerfall einer Verbindung in Anionen und Kationen in einem Lösemittel, z. B. Kochsalz in Wasser gemäß NaCl → Na+ + Cl- oder Salzsäure in Wasser via HCl + H2O → H3O+ + Cl-. Der Dissoziationsgrad eines Stoffs kennzeichnet den Anteil dieses Stoffs, der unter den gegebenen Bedingungen (Konzentration, Druck, Temperatur, ...) dissoziiert vorliegt.
Hydratation (Hydration)
Anlagerung von Wassermolekülen an gelöste Ionen via Ion/Dipol-Wechselwirkungen, oder an neutrale Moleküle via Wasserstoff-Brückenbindungen oder/und Wechselwirkungen zwischen statischen (H2O-Molekül) und indizierten Dipolen. Die damit verbundene Hydrationsenergie sowie die Änderung der Entropie (durch stärkere Lokalisierung der Wassermoleküle) hat einen entscheidenden Beitrag in die freie Lösungsenthalpie eines Stoffs und bestimmt dadurch seine Löslichkeit mit.
Ionisationsenergie
Die zur Ionisierung eines Atoms oder Moleküls notwendige Energie. Innerhalb einer Periode nimmt die erste Ionisationsenergie (Entfernen eines Elektrons vom neutralen Atom) tendenziell aufgrund der zunehmenden Kernladungszahl zu (z. B. Li ... Ne: 5,4 ... 21,6 eV), um zur nächsten Periode wegen der nun nächst höheren, weiter vom Atomkern entfernten besetzten Schale wieder sprunghaft abzufallen. Bereits n-fach ionisierte Stoffe haben eine deutlich höhere n. Ionisationsenergie (z. B. Eisen: 7,9 eV, 16.2 eV und 30,6 eV für die 1., 2. und 3. Ionisierung).
Löslichkeit
Die maximale Konzentration cmax eines Stoffes in einem anderen, bei der das Gemisch im Gleichgewicht einphasig ist. Bei Stoffen mit exothermer Lösungsreaktion (z. B. NaOH) sinkt die Löslichkeit bei zunehmender Temperatur, bei Stoffen mit endothermer Lösungsreaktion (z. B. KNO3 oder NH4NO3) steigt die Löslichkeit mit dem Erwärmen. Die Größe von cmax definiert, ob ein Stoff z. B. sehr leicht, leicht, wenig oder schwer löslich genannt wird.
Normalpotenzial
Das Normal- oder Standardpotenzials eines Stoffes ist das sich einstellende Potenzial zwischen diesem Stoff und einer Wasserstoff-Elektrode, wenn beide unter Normalbedingungen (25 °C, 101,3 kPa) in eine 1-molare Lösung des betreffenden Stoffes tauchen. Je positiver das Normalpotenzial, desto „edler“ der Stoff bzw. das Metall (z. B. Lithium = -3.02 V, Gold = +1.7 V).
Oxidationszahl
Die Ladungszahl eines Atoms in einer Verbindung unter der Annahme, dass die Valenzelektronen eines Teilchens jeweils dem elektronegativeren Bindungspartner zugeschrieben werden. Atome im elementaren Zustand haben immer die Oxidationszahl 0, bei einatomigen Ionen entspricht die Oxidationszahl der Ionenladung (z. B. Fe3+ hat die Oxidationszahl +3).
Elektrolyte und Elektroden
Deckfähigkeit
Die Fähigkeit eines Elektrolyten, eine lückenlose Metallschicht abzuscheiden. Besonders bei geringen mittleren Stromdichten kann es durch lokale Fluktuationen der Stromdichte zu Bereichen auf der Oberfläche des Werkstücks kommen, auf denen die Stromdichte zu gering für eine ausreichende Metallabscheidung ist.
Leitfähigkeit des Elektrolyten
Elektrolyte sind reine Ionenleiter mit einer bestimmten elektrischen Leitfähigkeit. Theoretisch lässt sich die Leitfähigkeit aus den Beweglichkeiten der im Elektrolyten enthaltenen (unterschiedlichen) Ionen ableiten, deren Konzentration über die Konzentration der Inhaltsstoffe sowie deren temperatur- und konzentrationsabhängigen Dissoziationsgrad bestimmt wird. In der Praxis spielen zudem Wechselwirkungen zwischen den Ionen sowie Polarisationseffekte auf der Grenzfläche Elektrolyt/Elektrode ebenfalls eine Rolle, so dass sich das System Elektrode/Elektrolyt nur in mehr oder weniger guter Näherung wie ein ohmscher Widerstand verhält.
pH-Wert
Reines Wasser enthält über die Autoprotolyse H2O + H2O -> H3O+ + OH- bei Raumtemperatur ca. 10-7 mol H3O+ und OH- pro Liter, was gemäß pH = - log10 [H3O+] einem neutralen pH-Wert von 7 entspricht. Da die Autoprotolyse thermisch aktiviert ist, beträgt der pH-Wert von 100°C heißem Reinstwasser bereits ca. 6. Säuren als Protonendonatoren erhöhen in wässrigen Lösungen über die Abgabe (Dissoziation) von Protonen (Bsp. Salzsäure: HCl + H2O → H3O+ + Cl-) die Konzentration an H3O+-Ionen, wodurch der pH-Wert sinkt.
Streuung bzw. Streufähigkeit
Durch die geometrische Form der Elektroden sowie eine auf mikroskopischer Skala inhomogene Oberfläche der Elektrode (Rauhigkeit, Nanokristallinität) variiert die Stromdichte über deren Oberfläche, was sich auf die auf der Elektrode statt findenden elektrochemischen Reaktionen auswirkt. Hierbei unterscheidet man ...
Glanztiefstreuung: Elektrolyte, bei denen glänzende Schichten über einen großen Bereich der Stromdichteverteilung abgeschieden werden können, besitzen eine hohe Glanztiefstreuung.
Makrostreuung: Elektrolyte mit hoher Makrostreuung erlauben über einen gewissen Bereich der durch die geometrische Elektrodenform variierenden Stromdichtenverteilung ein dennoch gleichmäßiges Schichtwachstum.
Mikrostreuung: Elektrolyte mit hoher Mikrostreuung ermöglichen über einen gewissen Bereich der durch die Rauheit der Elektrodenoberfläche variierenden Stromdichtenverteilung ein gleichmäßiges Schichtwachstum.
Stromausbeute
Das Verhältnis der tatsächlich auf der Kathode abgeschiedenen Metallmenge zum nach dem Elektrochemischen Äquivalent berechneten theoretischen Wert. Werte < 100 % beruhen Reaktionen parallel zur Metallabscheidung, welche ebenfalls Elektronen verbrauchen (z.B. H2-Bildung aus H3O+-Ionen im Elektrolyten). Werte über 100 % treten auf, wenn sich die Anode nicht nur elektrolytisch, sondern auch chemisch auflöst und dabei frei gewordene Elektronen zur Metallabscheidung zur Verfügung stehen.
Überspannung
Die Differenz zwischen der zur Elektrolyse notwendigen Spannung und der aus der Spannunsgreihe abgeleiteten, theoretischen Potenzialdifferenz. Die Ursachen einer Überspannung sind energiezehrende Prozesse in der elektrochemischen Reaktionskette wie Diffusion, Adsorption, Abstreifen der Hydrathülle, Gasbildung etc.
Zersetzungsspannung
Die für die Elektrolyse theoretisch nach der Nernst-Gleichung berechnete notwendige Potenzialdifferenz zwischen Kathode und Anode. Zur tatsächlich für eine Abscheidung notwendigen Spannung addieren sich noch ggfalls. Überspannungen.
Abgeschiedene Metallschicht
Duktilität
Die Fähigkeit eines Stoffs, bei äußerer mechanischer (Über-)belastung nicht zu brechen, sondern sich zu verformen. Wenig duktile Stoffe wie Glas bei Raumtemperatur sind spröde und brechen leicht, während sich Weichmetalle wie Gold mit hoher Duktilität auch bei Raumtemperatur gut formen lassen (z. B. als Blattgold). Die Duktilität eines Stoffes hängt stark von seiner kristallinen Struktur und damit den Abscheidebedingungen der Schicht ab.
Glanz
Welche Oberflächeneigenschaften eines Stoffes zu einem glänzenden Eindruck führen ist noch nicht gänzlich verstanden, auch wenn eine möglichst glatte, feinkristalline Struktur dabei eine große Rolle spielt. In der galvanischen Abscheidung erfordert dies grundsätzlich eine hohe Keimbildungsdichte bei gleichzeitiger Unterdrückung des Wachstum dieser Keime zu größeren Kristalliten.
Härte
Der mechanische Widerstand, den ein Stoff dem Eindringen eines Fremdkörpers entgegensetzt. Harte Schichten zerkratzen nicht so leicht und nutzen sich weniger durch Abrieb ab. Es gibt verschiedene Methoden der Härteprüfung wie die Härteprüfung nach Rockwell (Eindringung eines Prüfkörpers in den Stoff), nach Brinell (Bestimmug der Fläche des Abdrucks einer auf den Prüfstoff gepressten Stahlkugel) oder nach Mohs: Die Mohs-Härte ist eine empirische Tabelle einheitsloser Werte zwischen 1 (Talk) und 10 (Diamant), bei der ein Stoff, der einen anderen Stoff zu ritzen vermag, unter diesem Stoff (größere Mohs-Härte) steht. Die Härte eines Stoffes hängt stark von seiner (nano-)kristallinen Struktur und damit den Abscheidebedingungen der Schicht ab.
Porosität
Das Verhältnis aus mikrospopischem Leer- bzw. Hohlraumvolumen (Poren) eines Stoffs zu seinem Gesamtvolumen. In der Werkstofftechnik klassifiziert man die Porosität nach mikroporös (Poren < 2 nm), mesoporös (2 ... 50 nm) und makroporös (> 50 nm). Die erzielte Porosität einer abgeschiedenen Metallschicht hängt stark von den Abscheidebedingungen ab und kann nur theoretisch den Wert 1 erreichen.