ELEKTROCHEMISCHE GRUNDLAGEN
Das Metallpotenzial
Ein Metall in wässriger Lösung
Taucht man ein Metall in eine wässrige Lösung (eine Salzlösung, verdünnte Säure oder nur Wasser), geht ein Teil des Metalls als positive Ionen in Lösung, wobei sich das Metall negativ auflädt (Schema unten).
Das System aus Metall und Lösung strebt hierbei nach minimaler freier Enthalpie H = U - T·S (U = innere Energie, T = Temperatur, S = Entropie). Die Änderung der inneren Energie betrifft i) die aufzubringende Gitterenergie Metallatoms beim Austritt aus dem Festkörper und ii) die bei der Hydratation des gelösten Ions frei werdende Energie.
Zur Entropie-Änderung trägt der höhere Freiheitsgrad (= Zunahme der Entropie) eines vorher im Festkörper gebundenen Metallions in Lösung, und die stärkere Lokalisierung (= Abnahme der Entropie) der bei der Hydratation an das Metallion gebundenen Wasser-Moleküle bei.Im Gleichgewicht halten sich die beiden Phasenübergänge, das Lösen der Metall-Atome und deren Wiedereinbau in den Festkörper, in der Waage. Die Potenzialdifferenz zwischen der gelösten Phase und dem Festkörper im Gleichgewichtszustand nennt man Metallpotenzial.
Die elektrochemische Spannungsreihe
Theorie
Das Metallpotenzial zwischen der negativ aufgeladenen Elektrode und dem mit positiven Metallionen angereicherten Elektrolyten ist selbst nicht messbar, das Potenzial zwischen zwei verschiedenen Elektrodenpotenzialen hingegen schon. Um die relative Größe der Metallpotenziale verschiedener Metalle vergleichen zu können, führt man eine Messung mit einer Gegenelektrode unter Standardbedingungen (25 °C, 101,3 kPa, einmolare Lösung des untersuchten Metalls) durch.
Als Gegenelektrode dient eine von H2 umspülte Platin-Elektrode, auf deren katalytisch wirksamen Oberfläche das H2-Gas zu atomarem Wasserstoff dissoziiert, welcher auf der Pt-Elektrode eine atomare Schicht bildet (Normal-Wasserstoffelektrode).
Normalpotenziale und ihre Bedeutung
Führt man eine solche Messung unter Standardbedingungen für bestimmte Elemente durch (siehe Schema oben), erhält man deren Standardpotenziale, die auf der folgenden Seite tabellarisch gelistet sind. Je höher das Standardpotenzial eines Metalles, desto edler ist das Metall: Metalle mit positivem Standardpotenzial sind per Definition Edelmetalle, welche nicht von Säuren (Ausnahme: oxidierende Säuren) angegriffen werden. Unedle Metalle mit negativem Standardpotenzial lösen sich in Säuren unter H2-Bildung auf.
Ladungsaustausch
Tauchabscheidung: Ein Metall in der Salzlösung eines edleren Metalls
Taucht man in eine wässrige Lösung eines Metallsalzes (z. B. Kupfer als CuSO4-Lösung) ein weniger edles Metall wie z. B. Eisen (s. Schema unten), gehen aus dem Eisen zunächst Atome als Ionen in Lösung über (wie beschrieben im Abschnitt Das Metallpotenzial). Für jedes gelöste Fe2+-Ion bleiben zwei Elektronen im Eisen zurück, welche sich mit einem Cu2+-Ion aus der Lösung zu elementarem Kupfer verbinden. Dieses Kupfer scheidet sich als dünner Film auf dem Eisen ab, unterbindet so den weiteren Übertritt von Eisen-Ionen in Lösung und stoppt letztlich den Prozess des Ladungsaustausches zwischen Eisen und Kupfer.Dieser stromlose Mechanismus des Ladungsaustausches wird großtechnisch z. B. beim Verkupfern von Eisen, oder beim Versilbern von Kupfer oder Messing in einer Silbernitrat-Lösung angewandt.
Zementierung: Ein Metallpulver in der Salzlösung eines edleren Metalls
Wendet man das Prinzip der Tauchabscheidung nicht auf einen Metallstab, sondern auf ein Pulver eines Metalls in einer Salzlösung eines edleren Metalls an, erfolgt die Umwandlung u. U. vollständig: Ist die Größe der Metallpartikel des Pulvers vergleichbar mit der Stärke der aufgelösten Schicht bzw. der Dicke der Überzugs aus dem edleren Metall, lösen sich die unedleren Metall-Partikel vollständig auf, und dienen bis dahin als Substrat für das Wachstum eines Partikels des edleren Metalls.
Auf diese Weise lässt sich z. B. mit Eisen elementares Kupfer aus einer Kupfer-Lösung, oder elementares Gold aus einer cyanidischen Goldlösung mit Zinkstaub gewinnen (Schema unten).
Das galvanische Element
Zwei Metalle in einer Säure
Taucht man, wie im Schema unten gezeigt, zwei unterschiedliche Metalle (eines weniger edel als das andere, in diesem Beispiel Eisen und Kupfer) miteinander elektrisch leitend verbunden in eine Säure (in diesem Beispiel Schwefelsäure), spricht man von einem galvanischen Element. Ab dem Zeitpunkt des Eintauchens in die Säure finden folgende elektrochemische Reaktionen statt:Aus der Elektrode mit dem unedleren Metall, in diesem Beispiel Eisen, treten Eisen-Ionen via Fe -> Fe2+ + 2e- in Lösung über. Die beiden Elektronen wandern über die elektrische Verbindung beider Elektroden zur edleren Kupfer-Elektrode, wo sie via 2 H3O+ + 2e- -> 2 H2O + H2 Oxonium-Ionen der Säure zu neutralem Wasserstoff reagieren, der gasförmig aufsteigt. Die Reaktion kommt erst dann zum Erliegen, wenn entweder die Eisen-Elektrode oder die Säure verbraucht ist.Solange die Reaktion erfolgt, beträgt die zwischen den beiden Elektroden messbare Spannung die Differenz der Standardpotenziale beider Metalle (in diesem Beispiel ca. 0,8 V), was das Grundprinzip einer Batterie darstellt.Ein unerwünschter Effekt des Prinzips galvanischer Elemente ist die elektrochemische Korrosion: Werden Bauteile aus z. B. Eisen und Aluminium, oder Eisen und Kupfer elektrisch leitfähig miteinander verbaut, beginnt das unedlere Metall zu korrodieren, sobald die Bauteile von (z. B. Regen-)Wasser benetzt werden.